Trends, die die Elektronik-Auftragfertigung nach Europa treiben

27.07.2021Przemysław Prolejko

Die industriellen Revolutionen umfassten und umfassen nach wie vor nicht nur immer fortschrittlichere Fertigungstechnik und -technologien oder die Managementoptimierung des gesamten Prozesses. Neben dem, was und wie hergestellt wird, ist ein ebenso wichtiger Aspekt, wo produziert wird.

Die dynamische Entwicklung Chinas, aber auch anderer zum chinesischen Kulturkreis gehörender Länder wie Japan, Südkorea, Singapur und Taiwan, findet seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts statt. Sie ist das Ergebnis der Schaffung günstiger Voraussetzungen für ausländische Investitionen und den Transfer neuer Technologien einschließlich niedriger Arbeitskosten und vergünstigter Steuersätze sowie geringerer Beschränkungen im Bereich des Umweltschutzes und des Zugangs zum lokalen Absatzmarkt.

Die Trends ändern sich jedoch ständig. Trotz der Schaffung günstiger Rahmenbedingungen kommt es allmählich zu einer Verschiebung der durch Europäische und US-Amerikanische Unternehmen in Asien in Auftrag gegebenen Fertigung zurück auf die Heimmärkte der Hersteller.


Globalisierung und ihre Auswirkungen

Unternehmen wollen und müssen (häufig) ihre Kunden schnell erreichen, früher als es die Wettbewerber tun. Der Globalisierung und Erhöhung der Reichweite liegen nicht nur ein gutes Marketing und die Markenbekanntheit zugrunde, sondern auch ein hohes Niveau der Logistik, das sowohl eine effiziente Verteilung des Endprodukts als auch seine intensive Fertigung für den sich sättigenden Absatzmarkt gewährleistet.

Die Verteilung der in China hergestellten Ware erfordert mehr Planungsaufwand über einen größeren Zeitraum, da zusätzlich der Seetransport, der bis zu 8 Wochen einschließlich der Abfertigung und Lieferung an einen bestimmten Ort dauert, berücksichtigt werden sollte. Europa (und die USA) haben dieses Problem indirekt durch den Aufbau von Lagerkapazitäten bzw. eigenen Verteilungszentren für die in Asien in Auftrag gegebene Eigenfertigung behoben. 

Der unbestrittene Nachteil einer solchen Lösung besteht im vorübergehenden Einfrieren der Finanzmittel in der Fertigware sowie in der Tatsache, dass im Falle der Notwendigkeit einer technischen Änderung an bereits im Besitz befindlichen Produktchargen diese nicht vor Ort durchgeführt werden kann und die Rücktransporte nach China zu zeitaufwendig und teuer sind. Je größer der Einsatz des technischen Personals oder der Anpassungsumfang der spezifischen Produkteigenschaften, desto weniger Sinn macht der Rücktransport.

In einem solchen Fall oder wenn das Produkt kleine Maße hat (z. B. nur eine Leiterplatte), ist eine lokale Auftragsvergabe viel wirtschaftlicher. Ein lokaler europäischer Lohnhersteller von Elektronik wird einen bestimmten Arbeitsumfang leisten und kann die Endmontage vor Ort vornehmen. Die Maschinenanschaffungskosten für die Oberflächenmontagetechnik sind unabhängig vom Standort des Investitionsvorhabens gleich. Das Verhältnis der Arbeitskosten zu den Investitionskosten (Abschreibung) ist in diesem Fall gering, daher lässt Europa als Standort der Endmontage ähnliche Kosten wie China erzielen.


Arbeitskosten

Europa - teuer, China - billig. Was die Arbeitskosten anbelangt, wird diese Feststellung nicht mehr durch die tatsächlichen Finanzergebnisse belegt. In Asien haben wir mit einem generellen Anstieg der Arbeitskosten zu tun. Mehrere Faktoren stehen dahinter. 

Aufgrund einer hohen Personalrotation in den Werken werden in Asien hergestellte Produkte immer teurer. Dieser Trend ist besonders nach dem chinesischen Neujahrsfest sichtbar, wenn Mitarbeiter aus ihren Familienheimen in große Produktionszentren zurückkehren. In vielen Fällen kehren sogar 20 bis 30% der Beschäftigten gar nicht zurück oder wechseln den Arbeitsplatz, weil sie ein etwas besseres Angebot erhalten. Diese transaktionale Herangehensweise an den Job führt dazu, dass nicht nur die Wiederholbarkeit der Fertigung gefährdet ist, sondern auch die Qualitätskontrolle der Produkte, denn sie liegt in der Verantwortung schnell eingearbeiteter und weniger erfahrener Mitarbeiter.

Die steigende Rotation und die wachsenden Vergütungen gelten nicht nur für einfache Arbeiter. Paradoxerweise werden Fachstellen aufgrund des Kompetenzdefizits in China mittlerweile besser bezahlt als in Polen. Erfahrene Einkaufs- und Kauffachleute sowie Ingenieure werden wegen ihrer begrenzten Zahl sehr gefragt und ihre Löhne steigen in schwindelerregender Geschwindigkeit, was sich in höheren Kosten der Elektronik-Lohnfertigung niederschlägt. 
Kulturelle Unterschiede und Entfernung
Kulturelle Unterschiede verursachen viele Probleme. Vor allem, wenn es um die Herstellung komplexer Produkte mit einem hohen Maß an Präzision und Spezialisierung geht. Eine andere Mentalität kann eine Reihe von Störungen verursachen - von kulturellen Problemen im Zusammenhang mit dem Eingeständnis von Fehlern bis hin zur Zurückhaltung bei der Kommunikation mit Geschäftspartnern. Solche Unstimmigkeiten in der Kommunikation führen bestenfalls zu Missverständnissen, aber viel häufiger zu Qualitätsproblemen, die finanzielle Verluste für den Auftraggeber und eine Verschlechterung seines Markenimages in den Augen der Endkäufer verursachen können. 
Zeitzonenunterschiede und Sprachbarrieren können ebenso erschwerend wirken. Sie machen die Kommunikation schwieriger – die Suche nach optimalen Telefonkonferenz-Terminen für beide Parteien ist ebenso wie ein persönliches Gespräch keine leichte Aufgabe, denn die Kenntnisse der englischen Sprache sind trotz ihrer Beliebtheit in internationalen Gesprächen manchmal noch begrenzt. 
Aus diesem Grund ist die Wahl eines lokalen Elektronik-Lohnherstellers definitiv die bessere Option. Ein Elektronik-Lohnhersteller in Europa bietet eine Chance, solche Probleme schneller abzubauen oder komplett zu lösen, was dank der Festlegung klarer Kriterien für die Zusammenarbeit, qualitätsfördernden Lösungen sowie Transparenz und Offenheit in der Zusammenarbeit bzw. Kommunikation möglich ist.
Schutz der geistigen Eigentumsrechte
Im Zeitraum der letzten 30 Jahre hat sich China zu einer Weltmacht entwickelt und Europa und die USA eingeholt. Die Zunahme der Macht und des Wohlstands wird zu einer Art geopolitischer Herausforderung und offenbart auch technologische Rivalität – Patentkriege führen zu weitreichenden Spannungen nicht nur zwischen Konzernen, sondern können auch die Beziehungen zwischen einzelnen Ländern beeinträchtigen. 
Europa und die USA schützen mithilfe ihrer Rechtssysteme und internationaler Abkommen Urheber und ihre geistigen Eigentumsrechte, im Gegensatz zu China, wo es aufgrund eines anderen Rechts- und politischen Systems schwierig ist, den Schutz der geistigen Eigentumsrechte auf gleichem Niveau durchzusetzen. 
Der Zollkampf während der Präsidentschaft von Donald Trump hat auch in dieser Hinsicht zur Eskalation der Spannungen auf der internationalen Bühne beigetragen. Hersteller, die sich der zunehmenden Bedeutung ihres Wissens und ihrer Technologie bewusst sind, beginnen diese immer stärker zu schützen. Eine der besten Möglichkeiten, dies zu erreichen, besteht darin, die vor Ort stattfindende Fertigung hermetisch zu machen, was das Durchsickern von Informationen erheblich erschwert.
Industrie 4.0 und Prozessautomatisierung
Die fortschreitende Automatisierung von Fertigungsprozessen, die Entstehung von Fertigungsanlagen, die in ihrer Annahme SMART sind, senkt die Kostenunterschiede zu Gunsten Europas und der USA deutlich. Sie ermöglichen es, die Einbindung der Humanressourcen des Unternehmens in den Fertigungsprozess weitgehend zu begrenzen.
Die in schwindelerregender Geschwindigkeit verlaufenden Automatisierungstrends führen dazu, dass Europa als Produktionsstandort im Verhältnis zu den asiatischen Märkten nicht viel teurer sein muss und sich unter Berücksichtigung der Organisations- und Transportkosten als billiger herausstellen kann. 
Covid-19 Pandemie
Die Pandemie hat schmerzlich gezeigt, dass die Abhängigkeit von der asiatischen Fertigungsbasis sowie der damit verbundenen Lieferkette zahlreiche negative Folgen haben kann. Im Falle einer globalen Krise, die zu vorübergehenden Schließungen von Volkswirtschaften und Transportproblemen führte, hat sich der Segen der Globalisierung für Märkte, die von interkontinentalen Importen abhängig sind, als sehr gefährlich erwiesen. Daher mussten Europa und die Vereinigten Staaten ihre Herangehensweise an das Gleichgewicht der Güterherstellung zwischen den globalen und lokalen Märkten auf den Prüfstand stellen.
Daher kann sich lokale Fertigung und die Zusammenarbeit mit einem lokalen Elektronik-Lohnhersteller als sicherer erweisen als das Auslagern von 100% der eigenen Produktion auf einen anderen Kontinent, in ein Land mit einer völlig anderen Mentalität und einem radikal unterschiedlichen Rechtssystem. Ein europäischer Elektronik-Lohnhersteller kann einen Teil des Fertigungsvolumens übernehmen, ohne die Herstellkosten signifikant zu erhöhen und dabei die Lieferkontinuität sicherstellen.
 

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